Profisportler sind oft Raubeine. SchlieÃlich gehört es in dem Metier zum guten Ton, Stärke und Durchsetzungsvermögen zu demonstrieren. Mario Gomez ist anders. Seine Stimme ist dermaÃen sanft, dass sie oft im Verkehrslärm untergeht, der durchs offene Fenster in die Suite des "Charles"-Hotel in München dringt. Der Baden-Württemberger mit spanischen Wurzeln strahlt die Ruhe eines Mannes aus, der nach Höhen und Tiefen bei sich angekommen ist. Einer, der weiÃ, wie die Dinge im Geschäft laufen. Einst als Ausnahmestürmer gefeiert, musste er sich beim FC Bayern nach einer langen Durststrecke durchbeiÃen. Viel Häme kassierte er seinerzeit, galt als Schönling, der vor dem Tor versagt. Heute ist er einer der wichtigsten Pfeiler im Team von Joachim Löw.
Wie verarbeiten Sie so aufwühlende Spiele wie Mitte Mai das Champions-League-Finale? Machen Sie das mit sich selber aus oder reden Sie viel darüber?
Beides. Ich spreche mit den Menschen, die mir wichtig sind, über das, was passiert ist. Erzähle, wie ich alles erlebt habe, wie es unten auf dem Platz war. Den Kopf kannst aber nur du selber für dich wieder frei bekommen.Super-Mario: Der schöne Mann von Seite 81 (Gala Heft Nr. 24) in seiner ganzen Pracht. Fürs Sixpack muss Mario Gomez nicht ins Fitnessstudio.
(Foto: © Action Press)
Kann man die entscheidenden Momente aus solchen Spielen irgendwann vergessen, abschütteln?
Diese groÃen Entscheidungsspiele vergisst du nie, das brennt sich ein. Ich könnte bei gewissen Spielen im Nachhinein fast jede Situation, jede Begebenheit im Detail wiedergeben. Aber das Gute am FuÃball ist, dass du nicht wie bei anderen Sportarten nur auf ein einziges Highlight, beispielsweise einen einzelnen Wettkampf, hinarbeitest. Wenn da etwas schiefgeht, ist das ein heftiger Brocken, den man verdauen muss. Beim FuÃball weiÃt du: Es geht weiter. Das nächste Spiel kommt schon in ein paar Tagen. Da kannst du gar nicht lange zurückblicken.Träumen Sie nachts vom FuÃball?
Ja, aber eher selten. Im Traum schieÃe ich manchmal aufs Tor. Dann zuckt auch schon mal das Bein.Wie belohnen Sie sich für Erfolge?
Bei mir ist es nicht so, dass ich sage: Wenn wir dieses Spiel gewinnen, dann leiste ich mir dies oder jenes. Materielle Dinge bedeuten mir nicht so viel. Klar, man gönnt sich mal einen besonderen Urlaub oder einen Flug in eine schöne Stadt. Aber durch den Sport ist mein Alltag ziemlich vollgepackt, und ich will daneben ein so normales Leben wie möglich führen. Ich gehe sehr gern gut essen. Ganz egal ob bayerisch, schwäbisch, italienisch, spanisch oder asiatisch.Was haben Sie sich von Ihrem ersten Gehaltsscheck geleistet?
(lacht) Einen Fernseher. So ein groÃes Flachbildschirm-Ding.Beschreiben Sie bitte Ihre Gefühle, wenn Sie vor dem Spiel in den Katakomben stehen, kurz bevor Sie ins Stadion einlaufen.
Das ist die Phase, in der du auf Hundert hochfährst. Ich bin in diesem Moment völlig konzentriert und höre in mich hinein: Wie fühlst du dich? Wie bist du drauf ? Was wird gleich passieren? Solche Dinge. Ganz gut ist, dass wir beim FC Bayern immer die Kinder an der Seite haben, mit denen wir ins Stadion einlaufen. Ich unterhalte mich gern mit den Kleinen. Die sind völlig hin und weg, stehen da mit glitzernden Augen. Dadurch verwischt der Moment ein wenig.2010 steckten Sie in einer Krise, waren beim FC Bayern in der Rückrunde nicht mehr die Nummer eins im Sturm. Wie schwer ist es, in so einer Krisensituation nicht den Kopf zu verlieren?
Es ist nicht einfach, vor allem, wenn man sich selber anders sieht, wenn man weiÃ, was man kann. Klar: Spielst du beim FC Bayern, dann stehst du noch mehr unter Beobachtung und in der Kritik als anderswo. Das hat mich damals viel Kraft gekostet. So viel, bis ich irgendwann dachte: Ich zieh mein Ding durch, und entweder ich werde dafür belohnt oder ich probiere es woanders. Mit der Einstellung bin ich jeden Tag zum Training. Und dann hatte ich das Glück, dass meine Konkurrenten nicht getroffen und ich eine Chance bekommen habe.Darf man als Profisportler an Glück, Schicksal, den FuÃballgott glauben?
Sicherlich. Ich finde es blöd, wenn jemand sagt, dass das keine Rolle spielt. Das FuÃballerleben besteht doch aus vielen solchen Momenten. Wenn der Gegner frei vorm Tor danebenschieÃt, ist das nicht mein Können, sondern unser Glück. Am Ende des Tages hofft man nur, dass sich Glück und Pech die Waage halten.
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